Irgendwann ist es auch mal gut mit der jecken Feierei. Im Rheinland haben sie Nubbel und Hoppeditz am Aschermittwoch tränenreich beerdigt und im Westfalenland folgte ihnen Bacchus ins Feuer. Auch die Bewohner im Süden Deutschlands haben ihre Faschingssausen beendet und die Fastenzeit eingeläutet. Bis Ostern ernähren sich die Bergvölker nun überwiegend von Starkbier, um nicht komplett vom Fleische abzufallen. Ach, wie freudlos! Hier, bei uns auf Gomera, wird das Ende des Karnevals aber nur angetäuscht.
Offiziell endete die Karnevalszeit auf den Kanaren mit der Beerdigung der Sardine ebenfalls am Aschermittwoch. In einem großen Trauerzug wurde ein riesiger, bunter Fisch aus Pappe durch die Stadt getragen. Am Strand fand die Sardine dann ihr heißes Grab; eine willkommene Gelegenheit die pyrotechnischen Reste von Weihnachten, Silvester, Hl. Drei Könige und San Sebastians Patronatsfest in die Luft zu schießen. Hatten wir schon berichtet, dass die Kanaren Feuerwerk mögen?
Statt vieler Worte hier ein paar Bilder vom Trauerzug, dem wir uns mit gesenktem Haupte und gehobener Kamera angeschlossen haben.
Die andächtige Trauer über den Tod der Sardine sollte jedoch nicht mal eine Stunde vorhalten. Gleich gegenüber von der Beerdigungsstätte der Sardine – und auch gleich neben unserer Marina – befindet sich die Plaza las Americas mit einem offenen Festzelt: das ultimative Partyzentrum der Stadt. Und dort schloss sich nach der Beerdigung der Sardine unmittelbar die Wahl der ersten gomerischen Transqueen an. Dieses Wahlspektakel ist offensichtlich eine Veranstaltung, die den Gomeros zur Vollendung ihres ohnehin schon überbordenden Lebens- und Feierglücks noch gefehlt hat. Das offene Festzelt platzte bei der Show der schärfsten Transen aus allen Nähten, die sich zu lauten Discorhythmen ihren Nachbarn und Arbeitskolleginnen und einigen voyeuristisch veranlagten Touristen wie uns präsentierten. Selbst Stehplätze am Rande des Platzes mit eingeschränkter Sicht auf die Bühne waren nur unter mittelschwerem Körpereinsatz zu ergattern.
Irgendwann gegen Mitternacht war der Wahlakt vollzogen. So konnte dann auch dieser Festtag mit Musik und Tanz bis zum frühen Morgen gemütlich ausklingen. Wir Florentiner kennen uns inzwischen aus und haben unsere Lektion gelernt. Wann immer auch im offiziellen Veranstaltungsprogramm der Stadt die Worte continuación (Fortsetzung) oder baila (Tanz) auftauchen, wissen wir, dass die Party laut sein und lange dauern wird. Für diesen Fall haben wir mittlerweile einen kleinen Vorrat an diversen Ohrenstöpseln und Ohro-Pax.
Drei Tage nach der Beerdigung der Sardine zogen die Karnevalisten wieder durch die Stadt – diesmal mit ihren Piñatas – hohle Pappmache-Figuren die mit Süßzeug, Spielzeug und Obst gefüllt sind. Diese Pappfiguren werden dann später auf der Plaza las Americas (wo auch sonst?) ähnlich wie beim deutschen Topfschlagen blindlings zerschlagen. Auch dieses Fest fand eine continuación mit baila bis zum frühen Morgen.
Um die jüngsten Karnevalisten sanft und hoffentlich ohne bleibende Schäden von den Festfreuden zu entwöhnen, schloss sich am Tag nach der Erwachsenen-Piñata noch ein Umzug mit den Kinder-Piñatas an – ohne baila, baila. Welch eine himmlische Nachtruhe…
P.S. Habe gestern bei einem Spaziergang vor einer Kneipe an unserem Hafen ein Veranstaltungsplakat entdeckt: Nächsten Samstag Latino Show und continuación mit baila.